Nomadland (US 2020)

Ob "Nomadland" seine Nominierung als Bester Film des Jahres verdient hatte, ist wiedermal ziemliche Geschmackssache, denn obwohl der Film mit einer toll-melancholischen Atmosphäre, und einer perfekten Hauptdarstellerin aufwarten kann, so ist es doch eines dieser Dramen, dem der rote Storyfaden fehlt, der mich als Zuschauer, beständig einem Spannungsbogen einer Geschichte folgen läßt.
Dieser besagte "rote Faden" existiert hier nämlich überhaupt nicht. Man folgt stattdessen der umherziehenden Nomadin Fern, die sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, und bei der man sich nie sicher sein kann, ob sie nun gerade einer schönen Vergangenheit hinterher trauert, oder ob sie einfach ihren Freiheitswillen unter allen Umständen ausleben will. Ereignisse, die zu eventuellen Schlußfolgerungen führen könnten, gibt es eigentlich kaum oder gar nicht, und so sieht der Zuschauer den Film, wie Fern ihr Leben zu leben scheint: eine Szene bzw. Tag nach dem nächsten, ohne großen Bezug auf vorangegangene Punkte.
All dies mag manchen Zuschauern ein nachdenkliches Psychogramm einer Aussteigerin präsentieren, war mir persönlich aber zu ereignislos um wirklich länger im Gedächtnis verbleiben zu können. Anders als die Tatsache, das Frances McDormand erneut ihr großes Schauspieltalent unter Beweis stellt, und den toll eingefangenen Bildern, besteht der Rest dieses Dramas aus dahinplätschernden Orten und Menschen, die meinen Filmgeschmack nur bedingt treffen konnten...

Die gutherzige Fern wird aus wirtschaftlichen und, wie wir im weiteren Verlauf erfahren, persönlichen Gründen dazu genötigt ihr Zuhause zu verlassen und lebt von nun an als moderner Tagelöhner in ihrem Van auf den Straßen Amerikas. Atemberaubende Landschaften begleiten sie auf ihrem Weg durch das harte Leben, bei dem sie sich von Job zu Job hangelt und von flüchtigen Bekanntschaften lebt. Den Großteil fristet sie aber in frei gewählter Einsamkeit. Eine derbe Watschen und Fingerzeig in Richtung des Systems, welches diese Leute links liegen lässt und ihnen keine wirkliche Chance bietet. Aber auch eine wichtige Erinnerung an den Zuschauer, dass das Leben da draußen auch ganz anders ablaufen kann, als man es selbst vielleicht so kennt. Chloe Zhao bedient uns mit einem guten Drama, dass wie schon erwähnt mit klasse Bildern aufwarten und seine Emotionalität nochmal mit einem hervorragenden Score unterstreichen kann. Nicht ganz klar ist mir allerdings, worauf Zhao am Ende hinauswill. Soll „Nomadland“ nun eine Systemkritik sein oder doch eher ein Biopic über eine Aussteigerin, die sich diesen Weg aufgrund von persönlichen Schicksalsschlägen frei gewählt hat? Wahrscheinlich von Beidem etwas und damit ein zeitgemäßes Abbild unserer Gesellschaft, in der der/die Einzelne schnell mal vergessen wird. Insgesamt hat mich „Nomadland“ ein wenig an Sean Bakers „The Florida Project“ erinnert, in dem es schließlich auch um eine vergessene Parallelgesellschaft geht, die sich aufgrund von Wirtschafts- und Systemzwängen ihre Nische in der Gesellschaft sucht.

Sorry, ich hab den Film nicht so positiv werten können. Irgendwie kommt die Botschaft zu mir nicht rüber.

Der Film ist einer der positiven Überraschungen in diesem Covid-Jahr. Absolut sehenswert mit einer wieder mal überragenden Hauptdarstellerin Frances McDormand.