28.02.2014 20:53 Uhr - Letzte Änderung: 28.02.2014 um 20:55 | |
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30.12.2012 23:58 Uhr / Wertung: 8 | |
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16.10.2012 14:46 Uhr | |
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05.01.2012 10:50 Uhr / Wertung: 8 | |
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11.10.2011 23:14 Uhr - Letzte Änderung: 11.10.2011 um 23:22 | |
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11.10.2011 20:19 Uhr / Wertung: 10 | |
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11.10.2011 12:43 Uhr / Wertung: 7 | |
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10.10.2011 17:25 Uhr / Wertung: 10 | |
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07.10.2011 00:51 Uhr / Wertung: 8 | |
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04.10.2011 01:13 Uhr / Wertung: 4 | |
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27.08.2011 14:47 Uhr / Wertung: 6 - Letzte Änderung: 27.08.2011 um 14:49 | |
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13.07.2011 12:28 Uhr - Letzte Änderung: 13.07.2011 um 12:29 | |
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08.04.2011 23:53 Uhr / Wertung: 10 | |
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Eins vorneweg: Das Folgende ist der Versuch einer inhaltlichen Erklärung des Films und keine Kritik im herkömmlichen Sinne.
Spoiler sind deshalb unvermeidlich.
Kirsten Dunsts Justine (man kann sie gut und gerne als alter ego von Lars von Trier bezeichnen) lebt in einer Welt, zu der sie nicht dazugehört. Nennen wir sie die gutbürgerliche Welt, deren Wertemaßstäbe Leistung, Erwerb und Status sind, eine Welt, die seit Beginn der Neuzeit auf der rational-logischen, naturwissenschaftlichen Denkhaltung fußt, die heute nahezu alle Lebensbereiche umfaßt und bestimmt.
Im Gegensatz zu den meisten Menschen, die die Richtigkeit dieses Weltbildes schon seit Kindesbeinen eingebleut bekommen, hat sich Justine genug Empfindsamkeit bewahren können, um zu spüren, dass diese Welt falsch, oder wie sie im Film sagt, schlecht ist.
Die Depression ist ihr Rückzug in sich selbst, um diesen wahrgenommenen und aufgenommenen falschen Reizen und Eindrücken, die ununterbrochen auf sie einstürmen, zu entgehen.
Von diesen Eindrücken abgeschnitten, hat man die Chance zur eigenen Identität zu gelangen, zu erkennen, dass man das falsche Milieu, in dem man sich befindet, verläßt.
Das nur mal als Lösungsangebot, der Film befasst sich jedoch nicht damit und die Lösung für Justine kommt sowieso von aussen auf ganz andere Art und Weise. Justine bleibt bis dahin in ihrer Depression gefangen und sieht keinen Ausweg.
Wenn wir einen Blick auf die Hochzeit und ihre Protagonisten werfen, dann sehen wir durchweg Repräsentanten der bürgerlichen Welt.
Justines Vater: War womöglich einmal unangepasst, geht aber doch konform mit der Gesellschaft. Seine eigene Enttäuschung darüber ertränkt er in Alkohol und mit Frauengeschichten, um sich den Anschein des Revoluzzers zu bewahren. Ein trauriger Clown.
Justines Mutter: Kalt wie Eis, männerhassend und ihre vermeintliche Superiorität ausspielend, in dem sie Verachtung für jeden und alles zeigt.
Ihre Schwester Claire: Lebt als gepamperte Prinzessin völlig uneigenständig unter der schützenden Hand ihres Ehemanns und seines Reichtums. Sie versucht aber zumindest, ihre Schwester zu verstehen. Nach dem Tod ihres Mannes bleibt ihr nur noch blinde Panik.
Der Bräutigam: Ist ein glatter, geschniegelter, konturloser Karrieretyp (er muss es ja schon in jungen Jahren weit gebracht haben, wenn der Firmenboss sein Trauzeuge ist), der überhaupt keinen Plan hat, wen er da geheiratet hat. Er hat sich wohl von Justines Fassade blenden lassen. Sein mehr als naiver Versuch, mittels eines Fotos ihres Grundstücks – ein weiteres Statussymbol - Justines Welt in Ordnung zu bringen, entfernt sie nur noch weiter von ihm.
John, ihr Schwager: Er ist das Paradebeispiel des wissenschaftsgläubigen Rationalisten, der sich nur durch seinen erworbenen Status definiert.
In der witzigsten Szene des Films, als klar wird, dass Melancholia zurückkommt, die Erde treffen wird und sich die Berechnungen der Wissenschaftler als falsch herausgestellt haben, zeigt Lars von Trier, wie John völlig entgeistert vor sich hinstarrt, um dann schnurstracks mittels der Pillen, die Claire vorsichtshalber für sich und/oder ihren Sohn gekauft hat, Selbstmord zu begehen.
Der Repräsentant der Ideologie, der sich bedingungslos an selbige bindet, geht unter, wenn die Ideologie untergeht. Frau und Kind spielen keine Rolle dabei, sind völlig belanglos und hatten keinerlei Wert in Johns bestehenden Weltbild, waren allenfalls schmückendes Beiwerk.
Jack, ihr Boss, der Chef einer Werbeagentur:
Was tun Werbetexter eigentlich ?
Sie werden dafür bezahlt, für Profit die Sprache zu instrumentalisieren, sie zu benutzen, um einer Ware ein positives Image zu geben, damit sich der Käufer an den dargepriesenen Produkten verbrauchen kann.
Bei ihm wird Justine deutlich: „Ich hasse Dich und deine Firma so sehr, dass ich keine Worte finde, um es zu beschreiben. Du bist ein verachtenswerter, machthungriger kleiner Mann, Jack.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Tim, Jacks Neffe: Hechelt so sehr dem angebotenen Job hinterher, dass er sich nicht zu schade dafür ist, der Braut auf ihrer Hochzeitsfeier hinterherzulaufen, um in Jacks Auftrag einen Werbeslogan zu ergattern. Selbst nachdem er von Jack gefeuert wurde, ihm also klargemacht wurde, dass er ohne erbrachte Leistung nichts wert ist, schlägt er Justine vor, zusammen mit ihr eine eigene Werbeagentur zu gründen. Er ist auf dem besten Wege, so zu enden wie sein Onkel.
Der Hochzeitsplaner: Seine ganze Existenz ist darauf ausgerichtet, sich an bestehende Regeln zu halten. Leben kann man das ja gar nicht mehr nennen, denn es sind Unregelmäßigkeiten, Unberechenbarkeiten, die das Leben ausmachen. All das ist ihm ein Greuel. Dementsprechend ist ihm Justines irrationales Verhalten so ungeheuer, dass er seine Hand schützend vor sein Gesicht halten muss, wenn sie aneinander vorbeilaufen.
Mit Justines Gewißheit, dass Melancholia die Erde treffen wird und die falsche (schlechte) Welt vernichten wird, vergeht ihre Depression und die Rollenverteilung zwischen ihr und ihrer Schwester verdreht sich ins Gegenteil. Sie führt ihre Schwester und ihren Neffen dem Ende entgegen, nicht ohne Claire vorher noch einmal die Sinnlosigkeit ihrer gesellschaftlichen Etikette klarzumachen, an die sich Claire bis zum Ende klammern will.
Wenn eine von einer bestimmten Ideologie getragene Welt zugrunde geht, dann ist das normalerweise die Voraussetzung, um eine neue Welt zu erschaffen, unter anderen Voraussetzungen und Leitmotiven (Inwieweit das in der Menschheitsgeschichte geschehen ist, so dass diese neue Welt auch tatsächlich eine bessere Welt geworden ist, ist wieder eine andere Frage).
Nicht so bei Lars von Trier.
Bei ihm ist die Aggression des Bereinigen müssens so stark, dass es keine Möglichkeit für eine neue Welt gibt.
Alles Leid und Elend dieser Welt, alle Schlechtigkeit wird dahingerafft zusammen mit den Leidenden wie Justine, deren Leiden damit beendet ist und den Verursachern dieses Leids und alles Leben insgesamt.
Insofern ist das Ende aus seiner Sicht das ultimative Happy End.
Lars von Trier bestätigt das indirekt, wenn er sagt, dass Melancholia der optimistischste Film sei, den er bisher gedreht habe.